Die Sammlung Heijs-Voorhuis
Ursula Heijs-Voorhuis (1932-2021): eine der ersten Galeristinnen der Niederlande für non-European Art
Auktion in Würzburg:
Samstag, 12. November 2022 – 14 Uhr
Vorbesichtigung:
Paul Gallery, München
29. und 30. Oktober von 10 bis 17 Uhr
Auktionshaus Würzburg
9. bis 11. November von 10 bis 17 Uhr
Bitte beachten Sie aktuelle Änderungen der Coronabestimmungen.
Sie ist 82, als sie 2014 ein beeindruckend persönliches Interview gibt: zu ihrer Geschichte, ihren Erlebnissen und Erkenntnissen, zu ihrer außergewöhnlich großen Yoruba-Privatsammlung; aber auch ihre Sicht auf den damaligen Kunstmarkt.
Ursula Heijs-Voorhuis – nichts scheint sie verloren zu haben von ihrer Energie und dem Enthusiasmus einer leidenschaftlichen Sammlerin. Dass sie eine der ersten, vielleicht sogar die erste Galeristin der Niederlande ist, die Anfang der 1970er ihre eigene Galerie für non-European Art in einem männerdominierten Tribal Kunstmarkt eröffnete, scheint für sie nicht erwähnenswert. Viel mehr zählt für sie ihr reich bewegtes und erfülltes Leben als Sammlerin und Galeristin.
„Du kannst das!“ — Weil Vertraute und Freunde ihr zusprachen, doch eine Galerie zu eröffnen, entschied sie sich — anfangs noch etwas zögerlich — für diesen Schritt. Ohne große Vorkenntnisse. „Ich wusste nichts! Ich war, was den Wert von Werken betrifft, so etwas von unschuldig. Ich kannte den Handel nicht und ich wusste nicht zu verhandeln und auszuhandeln. Aber ich konnte und wollte lernen!“
Und das tat sie. Rückhalt gaben ihr die Familie und die Zusage der Universität Nijmegen, wo sie in den 1950ern als eine von wenigen Frauen Soziologie studiert hatte, dort auch weiterhin Studenten und Gymnasiasten unterrichten zu können — quasi für alle Fälle ….
Jahrzehnte später blickt sie erfüllt und zu Recht mit Stolz zurück. „Ich bin nicht Bankrott gegangen. Ich bin auch nicht reich geworden. Aber ich habe viele, sehr viele Menschen kennen gelernt und bei mir zu Besuch gehabt. Und ich habe sehr viel gelernt. Und — ich lerne noch jeden Tag dazu!“. Sie genießt ihr offenes Haus, das von außen kaum wahrnehmbar mit Kunst überquillt, ein Haus, das sie nach ihrer Auslandszeit nach dem Tod ihres Mannes (1978), und nach ihrer Rückkehr in die Heimat (1983) unter viel Mühen erbaut. Ein offenes Haus in Berg en Dal, in das jeder gerne kam, in dem Erwachsene ihren Kindern und Enkeln Kunst näherbrachten, darunter zahlreiche Werke, die sie veräußert und nach ihrer Rückkehr wieder mühsam zurückgekauft hatte.
Lernen, zeitlebens, war ihr Mantra — durch Zuhören und „viel, sehr viel nachfragen“, wie sie gerne immer wieder betont.
Den Zugang zur Kunst und Volkskunst findet sie als junges Mädchen über ihren Vater, selbst Antiquitätensammler. „Von ihm lernte ich Kunst zu sehen und die Unterschiede zwischen echt und unecht zu erkennen.“
Den Grundstock und erste Erfahrungen für ihren Galeriebetrieb aber legte das Afrika Museum in Berg en Dal (eröffnet 1954), das zu jener Zeit noch von den Missionaren der Kongregation des Heiligen Geistes geführt wurde, und für das sie drei, vier Jahre arbeitete — bereitwillig untergeordnete Aufgaben übernahm, aber auch an Ausstellungsvorbereitungen mitwirken durfte. „Ich wollte unbedingt dort arbeiten, um jeden Preis, auch umsonst, denn all das, was ich dort lernen durfte und konnte war für mich Bezahlung genug.“
Da hatte sie auch schon erste Afrika-Exponate, Ethnographica-Objekte, erworben; ihr erstes bewahrt sie in ihrer Sammlung: eine Dose der Kuba, Kongo, völlig überteuert „dumm gekauft“, wie sie es mit leichtem Humor in der Rückschau nennt.
Aus vielen Gesprächen mit den Patern, die in Afrika gearbeitet hatten, erfuhr sie viel über die Lebenswelten, die Kunstwerke, ihren Ursprung und ihre Verwendung, lernte die Werke zu bestimmen und ihre Qualitäten zu beurteilen. Im Fokus ihrer Galerie in der Smidstraat 7 in Nijmegen (später dann in Berg en Dal, Bosweg 14) standen Werke aus Nigeria, an die sie über deutsche Sammlungen und Händler aus Afrika gelangte, „Nigeria, weil dies damals, auf dem internationalen Kunstmarkt noch nicht den Stellenwert besaß, eher als Volkskunst galt, und gerade anfangs für mich erschwinglich war“.
Zu den Werken der Yoruba entwickelte sie eine ganz besondere Beziehung: Die Vielfalt der unterschiedlichsten Stile, die sich in den verschiedenen Königreichen herausgebildet hatte, die gegenseitige künstlerische Beeinflussung, und die so offen sichtbare kultische Verwendung vor allem bei den Ibeji-Zwillingsfiguren, all das mündete in eine — wie sie es nennt — „emotionale Bindung“ an diese Werke.
Mit Hans A. Witte (1928-2006), neben William Fagg der ausgewiesene Experte für Yoruba-Gesellschaften, Dozent für westafrikanische Religionen und Ikonographie an der Universität von Groningen, Forschungsreisender und Kurator des Afrika-Museums in Berg en Dal, stand sie in engem Kontakt. Er war spezialisiert auf die Yoruba-Kultur und besuchte sie oft in ihrer Galerie. Er interessierte sich für ihre Ibeji-Zwillingsfiguren, von denen sie inzwischen mehr gesammelt hatte als das Afrika Museum in Berg en Dal besaß. Gemeinsam identifizierten sie die gesammelten Zwillingsfiguren auf Herkunft, Gebiet, Werkstatt oder Holzschnitzer. Durch stilistische Vergleiche konnten so — gerade bei den Yoruba — überaus viele Schnitzer aus der Anonymisierung geholt werden.
Beide arbeiteten an einer gemeinsamen Publikation ihrer Yoruba Privatsammlung als Hans Witte starb; die Werke sind im AHDRC (African Heritage & Documentation Research Center) unter den Hans-Witte-Files dennoch bestens dokumentiert, so auch die vorliegende Offerte, die als Essenz ihrer Yoruba-Sammlung bezeichnet werden kann.
All ihre in 60 Jahren unter teilweise abenteuerlichen Umständen zusammengetragene Yoruba-Sammlung umfasste zuletzt mehr als 4.500 Werke eines insgesamt zigtausende zählenden Nachlasses, und dürfte somit einzigartig und unvergleichbar gewesen sein. Dessen sind sich die Museen in Europa, Sammler und Händler bewusst. Überzeugt vom Konzept des modernisierten Stadtmuseums in Zory (Polen), das nach seinem Neustart 2013/2014 bereits für den European Museum of the Year Award (EMYA) des Jahres 2020 nominiert war, und auf Initiative ihres guten Freundes und Afrikasammlers Gustav Wilhelms soll ein Teil ihres Nachlasses nun dort gezeigt werden. Ursula Heijs-Voorhuis verstarb 2021 in St. Agatha, wo sie zuletzt wohnte — kurz nach ihrem 89. Geburtstag.
Quelle:
Interview Ursula Heijs-Voorhuis (geführt und aufgezeichnet von Zbigniew Szendera, 2014), https://vimeo.com/118421341
Ausstellungen:
2000 Tussen hemel en aarde, leven met de doden in Afrika, Van Reekmuseum Apeldoorn (NL), Kurator Frits Bless
2001 Wereld in beweging, Afrikamuseum, Berg en Dal (NL), Kurator Hans Witte
2002 Beelden aan Zee, Scheveningen (NL), Kurator Erik Vos
2012 Gelede Masks, TOPIC Museum, Tolosa (ES), Kurator Damiet van Dalsum
Nigeria, Yoruba, Ekiti, wohl Agbonbiofe von Efon-Alaye
Provenienz:
Ursula Heijs-Voorhuis, Sint Agatha, Niederlande
Nigeria, Yoruba, Igbomina, "Meister des Owu Shango Schreins"
Provenienz:
Gerbrand Luttik, Soest, Niederlande
Ursula Heijs-Voorhuis, Sint Agatha, Niederlande
Nigeria, Yoruba, Oyo, Shaki
Provenienz:
Ursula Heijs-Voorhuis, Sint Agatha, Niederlande
Kameruner Grasland, Western Bangwa
Provenienz:
Afrika Museum, Berg en Dal, Niederlande
Ursula Heijs-Voorhuis, Sint Agatha, Niederlande
Nigeria, Yoruba, Egbado, Akinola von Joga Orile
Provenienz:
Ursula Heijs-Voorhuis, Sint Agatha, Niederlande